Flachdruck/Lithographie
Für die kreative Auseinandersetzung mit der Lithographie stehen Steine im Format 13 × 16 cm bis 43 × 62 cm bereit. Das vorbereitende Schleifen muß manuell durchgeführt werden, gedruckt wird auf einer Sutter-Reiberpresse mit einem Wagenformat von 83 × 108 cm. Erläutert werden kann die Geschichte dieser Drucktechnik, der Offsetdruck und seine Druckformherstellung.
Sutter-Reiberpresse von 1839SteinschleiftischLithographie-SteinregalLithographie-Walzen-Regal
Steinreiberpresse der Firma Erasmus Sutter, Steinschleiftisch, Lithographiesteine-Regal und Lithographie-Farbwalzen-Regal Fotos: E. Hartwig
Lithographie (Steindruck)
Die Lithographie (griech.: lithos = »Stein« und graphein = »schreiben« / auch Steindruck) ist in der Graphik die grundlegende und verbreitetste Art des Flachdruckes. Sie ist eine sehr schöne und zugleich in den Grundzügen einfache Technik, welche der Zeichnung auf Papier am nächsten steht und dabei getreu den Charakter der Handschrift des Künstlers erfaßt. Entwickelt 1798 von Alois Senefelder – er nannte es »chemischen Druck« -, erreichte sie in der Vervielfältigung große Bedeutung. Goya, Daumier, Matisse, Picasso, Miró, Chagall, Tàpies und Rauschenberg, um nur einige zu nennen, schufen damit hervorragende Werke. Und jeder kennt die mehrfarbigen Plakate von Henri Toulouse-Lautrec. Heutzutage bestätigen alle Lithographen ihren Reiz und ihre Lebendigkeit. Sämtliche Lithographiesteine, die weltweit heute zum Einsatz kommen, stammen aus Solnhofen in Bayern.
Die Lithographie ist der Ursprung der verschiedenen Flachdruckverfahren (druckende und nicht druckende Elemente befinden sich in gleicher Höhe). Bei Künstlergraphiken wird »Lithographie« nicht selten als unkorrekte Bezeichnung für weitere Flachdruckverfahren, z. B. Algraphie, Zinkographie (auf Aluminium- bzw. Zinkplatten), Grano-, Licht- und Offsetdruck, verwendet.
Das Prinzip dieses Druckverfahrens beruht klassisch auf dem Gegensatz von Fett und Wasser – Fett und Wasser stoßen einander ab. Das zu druckende Bild wird mit fetthaltigem Material (hier: Lithographietusche, -kreide) auf den vorbereiteten Bildträger (Druckform, Druckplatte) aufgebracht – beim Steindruck auf die Lithographiesteine -, Kalkschieferplatten aus Solnhofen in Niederbayern mit spezieller Dichte und Reinheit. Diese bildeten sich vor cirka 150 Millionen Jahren aus Ablagerungen von unzähligen kleinsten Einzellern mit Einschlüssen von Fossilien im »Urmeer«.
Chemische Präparierungen (das sogenannte »Ätzen«) sorgen nach dem Aufbringen des Bildes auf dem Stein dafür, dass nicht druckende Stellen das Wasser (besser) halten. Unmittelbar vor und nach jedem Einfärben muss der Lithographiestein mit Wasser befeuchtet werden – er darf nicht »trockenlaufen«. Dadurch wird verhindert, dass die fetthaltige Druckfarbe beim Einfärben auf dem gesamten Stein haften bleibt.
Für den klassischen Offsetdruck, das heutzutage am meisten verwendete Druckverfahren, trifft das Drucken mit Fett und Wasser ebenso zu. Hier werden jedoch als Bildträger dünne Metallbleche mit lichtempfindlicher Schicht benutzt. Das Druckbild wird ausbelichtet, entwickelt und von diesem wird die Druckfarbe zuerst auf ein Gummidrucktuch und von dem dann auf den Bedruckstoff (-material, meistverwendet: Papier) übertragen (indirekter Druck).
Lithographische Techniken sind Kreide-, Feder- und Pinselzeichnung, Lavierung, Spritzmanier, Schabtechnik, Aussprengverfahren, Über-(Duplex-) und Umdruck (Autographie), Ablösetechnik (anastatischer Druck), Material-Abklatsch, Frottage, Tangiermethode, Positiv-Negativ-Technik, Steingravur und -radierung, Chromo- und Photolitho- graphie, Seifentechnik, Iris- bzw. Verlaufsdruck sowie (bedingt) der Kombinationsdruck (mit anderen Druckverfahren).
1—Das Zurichten der Steine
Der Vorgang des Schleifens soll den Stein eben machen, die alte Zeichnung optisch sowie chemisch entfernen und für eine neue Zeichnung vorbereiten. Als Schleifmittel dient Korund-Sand der Korngrößen 80 (grob) über 120-180 (mittel) bis zu 240 (fein). Zum Entsäuern (chemische Struktur der alten Zeichnung/Fetteile entfernen) zwischen dem 1. und 2. Grob-Löschschliff benutzen wir 15%ige Essigsäure auf dem trockenen Stein, danach muß der Stein wieder gut gespült werden! Die Ebenheit des Steins prüfen wir mit einem Stahllineal und runden die Ränder mittels feiner Feile. Nun folgt Mittelschliff, Spülen, Feinschliff und wieder Spülen des Steins.
Lithostein-Schleifbewegungen-1Lithostein-Schleifbewegungen-2Korrektur-LithosteinschleifenLithographie-Stein Schleifbewegungen sowie Korrektur-Schleifen
Für die Herstellung einer Kreidezeichnung muß der Stein gekörnt werden. Dazu verwenden wir Korund (mittel) und etwas weniger Wasser als beim Schleifen. Für einen Umdruck ist der Stein zu mattieren (feines Korn/mehr Wasser) oder zu bimsen (Bimsstein), für eine Federzeichnung zu mattieren oder zu polieren (Schleifen mit 240er- oder feinerem Sand bzw. Polierstein) und für eine Gravur zu polieren. Dieser letzte Arbeitsschritt sollte kurz vor dem Bezeichnen stattfinden, denn der Stein muß „frisch“ sein – sonst ist er durch die Einwirkung von Sauerstoff weniger fettempfänglich.
2—Zeichnen
auf dem neutralen (gleichermaßen fett- wie wasseraufnahmefähigen), trockenen (Windfahne!) Stein:
– Zeichnen mit lithographischen Kreiden und/oder
– Arbeiten mit lithographischer Tusche: Feder- und Pinselzeichnung, Laviertechnik, Spritztechnik
seitenverkehrtes Zeichnen auf dem Stein mit Lithographie-Kreiden und/oder -Tusche, Foto: M. StrümpelM. Strümpel trocknet den Stein mit der Windfahneeventuell Steinränder vorätzengleichmäßiges Verteilen der Gummiätze auf dem Stein
- seitenverkehrtes Zeichnen auf dem Stein mit Lithographie-Kreiden und/oder -Tusche, 2. trocknen des Steins mit der Windfahne, 3. evtl. Steinränder vorätzen, 4. gleichmäßiges Verteilen der Gummiätze auf dem Stein
3—Präparieren – Ätzen
(braucht Zeit – immer die Wirkung beobachten!)
– 1. mit reinem Gummiarabicum ca. 12 bis 24 Stunden
Gummi abwaschen, Stein trocknen lassen, eventuell mit Windfahne trocknen
– 2. mit Ätzgummi (2 bis 5% Salpetersäurezusatz)
Gleichmäßiges Auftragen mit der Hand oder einem Schwamm, Leinentuch oder Pinsel, nach Einwirkung abwaschen (evtl. gummieren). Eventuell etwas ruhen lassen, dann Wässern und mit Terpentin auswaschen, mit Wasser reinigen (bei großen oder „komplizierten“ Flächen evtl. mit Auswaschtinktur einreiben). Mittels Schwamm mit Wasser feuchten, mit Federfarbe anwalzen, trocknen (evtl. mit Windfahne!), talkumieren und
– 3. zweite Ätzung mit Ätzgummi (2 bis 5% Salpetersäurezusatz) vornehmen (evtl. eintrocknen lassen).
Zeichnung mit Terpentin auswaschen, Foto: M. StrümpelZeichnung mit Terpentin auswaschen , Foto: M. Strümpelmit Wasser reinigen, Foto: M. Strümpelmit Federfarbe anwalzen, Foto: M. Strümpelmit Windfahne trocknenTalkumierenTalkum entfernen2. Ätzung mit Ätzgummi
- und 6. Zeichnung mit Terpentin auswaschen, 7. mit Wasser reinigen, 8. mit Federfarbe anwalzen, 9. mit Windfahne trocknen, 10. talkumieren, 11. Talkum entfernen, 12. Zweite Ätzung mit Ätzgummi
4—Vorbereiten der Druckmaschine
Um einen erfolgreichen Druckdurchlauf ohne gebrochene Steine bzw. »gefaltenes« oder »schiefes« Druckpapier zu erreichen wird der Stein mit Hölzern auf dem Druckwagen »arretiert«, die Druckpapieranlage eingerichtet, der Reiber entsprechend Steingröße eingebaut und in Druckstellung auf Höhe voreingestellt und gefettet. Auch der Preßspan/die »Reiberpappe« muß gefettet werden. Nun beginnt das Einfärben des feuchten Steins (siehe Drucken). Da das Druckbild bei diesem Vorgang (ca. 3 × Einwalzen) noch nicht die für die Auflage optimale Farbführung hat und die Einstellung der Maschine ein wenig Zeit benötigt, wird für den Andruck entsprechendes Papier verwendet. Dieses auf den Stein, darüber die Zwischenlage und die Reiberpappe auflegen. Den Druckwagen vorfahren bis der Reiber sich knapp auf/über dem Stein befindet – diesen »Druckbeginn« markieren. Den Reiber mittels »Bengel« senken und heben – dabei die Druckkraft (ca. 350-400 bar 35.000.000 Pascal) per Handrad nach Erfahrung und mit Gefühl einstellen. Nun den Wagen bei Reiber-in-Druckstellung zügig weiterbewegen bis sich der Reiber noch knapp auf/über dem Stein befindet, Reiber heben und dieses »Druckende« markieren.
VORSICHT: Niemals die Kurbel loslassen während sich der Reiber bei »Druckbeginn« oder »-ende« befindet!
Nun vorsichtig das bedruckte Papier mit beiden Händen abziehen, dabei mit der »dritten« Hand den Stein feuchten. Sollte dieser Andruck keine gravierenden Mängel aufweisen kann mit dem Druck begonnen werden.
5—Drucken
Mittels „Nass“-Schwamm den Stein mit Wasser feuchten. Papier mit dem dafür vorgesehenen Schwamm zuerst Rückseite, dann Druckseite feuchten. Nun wieder mittels »Nass«-Schwamm den Stein feuchten, mittels zweitem, minimal feuchtem Schwamm Oberflächenfeuchtigkeit minimieren. Einfärben des Steins per Handwalze, wieder feuchten. Steinoberfläche, wenn erforderlich, an nichtdrucken-sollenden Stellen von Farbe reinigen, danach feuchten. Vorgang wiederholen bis das Bild die zum Drucken erforderliche Farbmenge hat. Gefeuchtetes, oberflächentrockenes Papier, Zwischenlage und Druckreiberpappe auflegen, Wagen bis Druckbeginn unter den Reiber fahren, Reiber niederdrücken mittels Handhebel (Bengel), Wagen bis Druckende weiterfahren, Reiber heben, Wagen in die Ausgangslage zurückfahren und die Reiberpappe/Zwischenlage herunternehmen. Nun vorsichtig das bedruckte Papier mit beiden Händen abziehen, dabei mit der „dritten“ Hand Stein feuchten und das bedruckte Papier dann auf/in den Pappentrockner legen. Hier kann es auf seine Qualität nun »geprüft und ausgewertet« werden und sollte zwischen den feuchtigkeitsaufnehmenden Pappen ca. 3–4 Tage trocknen.
Schnitt durch Litho-Handpresse13. Feuchten des Steins mit »Wisch«wasser, Foto: M. Strümpel14. Auswalzstein mit Farbreservoir und Farbwalze auf Walzenständer, Foto: M. StrümpelWalze einfärben, Foto: M. Strümpel… damit Stein-Druckbild einfärbenFeuchten und Farbannahme kontrollieren… erneutes Einfärbenund wieder Stein feuchten sowie Farbannahme kontrollierenmit Schwamm Druckpapier feuchtenDruckpapier auflegenZwischenlage und Reiberpappe auflegenDruckwagen bis Druckbeginn vorfahren, Foto: M. Strümpelmittels Bengel Reiberdruck setzen und bis Druckende durchfahrenmit Bengel Reiberdruck beendenDruckwagen zurückbewegenReiberpappe und Zwischenlage herunternehmenmit beiden Händen Papier abziehenStein feuchten, Foto: M. StrümpelGraphiken auf Trockenpappen, Qualität kontrollieren, Foto: M. Strümpel
Abb.: Schnitt durch Litho-Handpresse, 13. Feuchten des Steins mit »Wisch«wasser, 14. Auswalzstein mit Farbreservoir und Farbwalze auf Walzenständer, 15. Walze einfärben, 16. … damit Stein-Druckbild einfärben, 17. feuchten und Farbannahme kontrollieren, 18. … erneutes Einfärben, 19. und wieder Stein feuchten sowie Farbannahme kontrollieren, 20. mit Schwamm Druckpapier feuchten, 21. Druckpapier auflegen, 22. Zwischenlage und Reiberpappe auflegen, 23. Druckwagen bis Druckbeginn vorfahren, 24. mittels Bengel Reiberdruck setzen und bis Druckende durchfahren, 25. mit Bengel Reiberdruck beenden, 26. Druckwagen zurückbewegen, 27. Reiberpappe und Zwischenlage herunternehmen, 28. mit beiden Händen Papier abziehen, 29. Stein feuchten, 30. Graphiken auf Trockenpappen, Qualität kontrollieren
6—Korrekturmöglichkeiten
Den Stein evtl. anwalzen, trocknen, talkumieren und durch Wegschaben (+ Ätzen 5%) korrigieren oder folgend die Scheideschicht mit Essig (5%) kurz (ca.1 min) entfernen. Anschließend abwaschen und wieder trocknen. Nun kann die Zeichnung ergänzt oder durch Wegschaben (+ Ätzen 5%) korrigiert werden. Es folgt jetzt wieder der Vorgang des Präparierens (evtl. ohne 1. mit reinem Gummiarabicum).
7—Das Löschen der „Zeichnung“ auf den Steinen
Die Rest-Druckfarbe läßt sich am besten gleich nach dem Druck entfernen. Sie wird dann mit Terpentin vom wassernassen Stein heruntergewaschen/-gerieben. Nass halten und mit Wasser nachspülen! Der folgende Vorgang des Schleifens (zwei Steine mit der Zeichnungsseite gegeneinander) soll die Steine wieder eben machen, die alte Zeichnung optisch sowie chemisch entfernen und bereits für eine neue Zeichnung vorbereiten. Als Schleifmittel dient Korund-Sand der Korngröße 80 (grob). Zum Entsäuern (chemische Struktur der alten Zeichnung/Fetteile entfernen) zwischen dem 1. und 2. Grob-Löschschliff benutzen wir 15%ige Essigsäure auf dem trockenen Stein, danach muß der Stein wieder gut gespült werden! Die Ebenheit des Steins prüfen wir mit einem Stahllineal und runden die Ränder mittels feiner Feile. Ist die Steinoberfläche durch falsches Schleifen oder eventuell zu starkes Ätzen konkav oder konvex, müssen die höherliegenden Stellen durch den »Korrektur- oder Geradschliff« entfernt/eingeebnet werden. Nun können über Mittel- und Feinschliff die Steine wieder für die neue Zeichnung vorbereitet werden … Oder sie kommen gekennzeichnet ins Steinregal und „warten“ dort auf ihren nächsten Einsatz – auf uns.
Restfarbe mit Terpentin entfernen, Foto: M. Strümpelauf Steinschleiftisch Korundsand aufstreuenLöschen durch Stein-gegen-Stein schleifen, Foto: M. StrümpelNach dem Entsäuern erneut Stein schleifen, Foto: M. Strümpel
Abb.: 31. Restfarbe mit Terpentin entfernen, 32. auf Steinschleiftisch Korundsand aufstreuen, 33. Löschen durch Stein-gegen-Stein schleifen, 33. Nach dem Entsäuern erneut Stein schleifen
Signieren von Druckgraphik nach den »Regeln« von Lothar Lang
Links unter die Graphik werden Abdrucke vor der Auflage mit römischen Zahlen, evtl. auch als Probedruck = E.E., oder als Belegdruck für den Künstler (Anzahl = 10% der Auflagenhöhe) = e.a./E.A. = Épreuves d´artiste = A.P., oder außerhalb des Verkaufs = h.c. = hors commerce ausgezeichnet. Die Auflage, wenn die Druckreihenfolge bekannt ist in dieser Folge, wird als Bruchzahl mit lateinischen Ziffern, im Zähler die laufende Nummer und im Nenner die Auflagenhöhe beschriftet. Bei unbekannter Druckreihenfolge immer 1-Auflagenhöhe.
Rechts erfolgt die Unterschrift und das Entstehungsdatum, in der Mitte ein eventueller Titel und/oder Zyklus. Es wird hier manchmal auch die Technik vermerkt.