Tiefdruck/Radierung

Im Tiefdruck kann im Druckgraphik-Atelier von der Kaltnadelradierung über Ätztechniken/Aquatinta bis zum Kupferstich gearbeitet werden. Zur Verfügung stehen vorwiegend Zink- sowie Kunststoffplatten bis zu einem Format von ca. 65 × 80 cm und Kupferdruck-Büttenpapier zu einem günstigen Preis. Gedruckt wird auf zwei Radierpressen mit Drucktischformat 82 × 120 cm bzw. 40 × 85 cm.

Ätzradierungs-Arbeitsplätzean der großen Kupferdruckpresse, Vhs-Kurs, 1/2006Färbe-Arbeitsplätze, Hände beim Plattenauswischenkleine Kupferdruckpresse

Ätzradierungs-Arbeitsplätze …, an der großen Kupferdruckpresse (Vhs-Kurs 1/2006), Färbe-Arbeitsplätze und Hände beim Auswischen der Druckplatte, sowie die kleine Kupferdruckpresse

Radierung – die Tiefdruck-Kunst der alten Meister

Der großartige Kupferstecher Albrecht Dürer fertigte bereits einige Meisterwerke der Radierung. Mit der Entwicklung eines geeigneten Ätzgrundes vervollkommnete sich die Strichätztechnik. Kein Geringerer als Rembrandt führte als »Magier der Radierkunst« diese Disziplin zur Vollendung. Neue Techniken entwickelten sich, so etwa die Aquatinta-Radierung, die mit Goya ihren Höhepunkt fand. Bis heute haben diese Verfahren der großen Meister nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Wer die hohe Kunst der verschiedensten Techniken der Radierung einmal für sich erobert hat, der bleibt ihnen verfallen. „Die Kunst steckt in der Natur, und wer sie her­ausreißen kann, der hat sie“, so Albrecht Dürer in seiner „Proportionslehre“ von 1528. „Heraus­reißen“, das meint zu Dürers Zeit nicht nur das Zeichnen, sondern auch das Ritzen. Lateinisch „radere“ bedeutet „kratzen, schaben, auskratzen, rei­nigen“. Radieren ist seitdem gleichbedeutend mit dem Einritzen einer Zeichnung (seitenverkehrt!) in eine Kunststoff- oder Metallplatte, ebenso auch in die Grundierung einer polierten, zu ätzenden Kupfer- oder Zinkplatte. Es wird also unterschieden zwischen den ´trockenen (kalten´ – ohne Säure) und den ´nassen´ Verfahren:

Kupferstich – die schwarze Kunst, 18. Jh, aus Racueil de Planches, Bd. 5, Paris 1767. Die Abbildung zeigt die Werkzeuge sowie schematische Arbeitsproben der Mezzotintoarbeit. Foto: München, Deutsches MuseumRadierung: Firnissen der Platte, Mitte 18. Jh., Kupferstich. Die Abbildung zeigt Radierwerkzeuge, Plattenhalter, Tampon, Wachsfackel und Wärmeplatte. Foto: München, Deutsches Museum

Kupferstich – die schwarze Kunst, 18. Jh, aus Racueil de Planches, Bd. 5, Paris 1767. Die Abbildung zeigt die Werkzeuge sowie schematische Arbeitsproben der Mezzotintoarbeit. Foto: München, Deutsches Museum

Radierung: Firnissen der Platte, Mitte 18. Jh., Kupferstich. Die Abbildung zeigt Radierwerkzeuge, Plattenhalter, Tampon, Wachsfackel und Wärmeplatte. Foto: München, Deutsches Museum

Trockene (mechanische) Verfahren

Kupfer- und Stahlstich

Er ist das älteste europäische künstlerische Tiefdruck-verfahren, die früheste mit 1446 datierte Arbeit „Geißelung Christi“ ist anonym aus der Region Oberrhein. Das mit hoher Präzision und Geschicklichkeit durchgeführte ´Ausstechen´ (eigentlich -schneiden) der Zeichnung mit und ohne sich kreuzenden Schraffuren mit dem Grabstichel in die glatte, polierte Oberfläche der Kupferplatte (ca. 1-3 mm stark; hohe Festigkeit und gleichzeitig Elastizität = hohe Auflagenstabilität) wird Kupferstich genannt. Dazu wird eine Lupe(nbrille) sowie ein Lederpolster für die sichere Haltung und Drehung (bei Kurven) der Platte verwendet. Typisches Druckbild-Merkmal ist der spitze Einstich-Beginn, parallele (bei Meistern auch schwingende = mit Taille) Ränder und ein sich leicht verjüngender, dann scharfer Metallabhub in der Linie. Es ist kein Ausbluten (Druckfarben-Schatten) sichtbar.

Kaltnadel(-radierung / Dry-point / Pointe sèche)

Ist die, da mit wenigsten Voraussetzungen ausführbar, heutzutage häufigst gebräuchliche Technik. Die Stahl-Radiernadel reißt die Plattenoberfläche auf; je nach Tiefe und Schräghaltung der Nadel haben die Linien einen oder zwei Grate, welche zusätzlich zur Vertiefung die Farbe festhalten und ans Papier abgeben. Beim Auswischen (Reinigen der Plattenoberfläche von anhaftender Druckfarbe vor dem Druck) entsteht aus ihnen das für die Kaltnadelradierung typische Ausbluten (Randschattierung) der Linien.

Schabtechnik (Mezzotinto)

Die Schabkunst wurde von Ludwig von Siegen im Jahr 1642 für ein Porträt erstmals angewendet. Hierbei wird die Platte durch ein scharfes viertelkreisförmiges Wiegeeisen bzw. -messer (auch Granierstahl) senkrecht gleichmäßig tief in alle Richtungen aufgeraut, so daß sie vollkommen schwarz drucken würde. Nun wird das helle Bild mit unterschiedlichen Tonwerten durch differenziertes Glätten mit Dreikanthohlschaber und Polierstahl hineinmodelliert. Diese Arbeitsvorgänge sind verhältnismäßig anstrengend und langwierig, weshalb die Mezzotinto in Vergangenheit und Gegenwart nicht allzu häufig vorkommt. Verschiedentlich wird das Aufrauen heutzutage auch mit Schmiergelpapier-Druck, Aquatinta-Korn bzw. Sandstrahlen durchgeführt. Das optische Erscheinungsbild ist hierbei jedoch flacher und ungleichmäßiger.

Kreidemanier (Crayon)

Technik aus der ersten Hälfte des 18. Jh./Frankreich, entwickelt für Zeichnungen in festem Ätzgrund. Mit verschiedenen Rouletten, Moletten bzw. dem Matteur wird die Oberfläche der Druckplatte unterschiedlich aufgeraut, so daß das Druckbild den Eindruck einer Kreide- (oder Bleistift-) zeichnung macht.

Punz- und Punktierstich

Eine Methode, in der Vergangenheit und selten benutzt, bei der die flächige, tonige Zeichnung aus unzähligen kleinen, unterschiedlich tiefen Punkten gebildet, mit der Nadel, dem Punzeisen und/oder dem Punktierhammer in die Plattenoberfläche eingeschlagen wird. Erstmals wahrscheinlich von J. Billeart in Ergänzung zur linearen Gravur angewendet, als eigenständige Technik von F. Bartolozzi (1764-1802) vervollkommnet.

Arbeiten mit Fräsnadel und Graviergerät u.a.

Da es bei der Radierung darum geht die Plattenoberfläche zu verletzen zum Aufnehmen und Abgeben (an das Papier) der Farbe sind dazu ebenso o.g. Geräte wie auch Schmiergelpapier, Stahlbürsten, Beile etc. geeignet. Sämtliche eingesetzten Mittel haben eigene Ausdruckswirkungen.

Nasse (chemische) Verfahren

Strichätzung (Radierung / Etching / Gravure à l´eau-forte)

Die erste datierte Strichätzung stammt aus dem Jahre 1513 von Urs Graf (Eisenradierung). Hierbei wird mit der Radiernadel der säurebeständige Ätzgrund linear entfernt. Eine nicht erwärmte Nadel kann zu Abplatzen des Grundes führen, welches der Grund für ausgefranste Linien ist. Die Säure ätzt die druckenden Vertiefungen in die Platte. Nach erster Ätzung kann erneut radiert und geätzt werden – damit erzielt man unterschiedliche Tiefen und damit Linien-Tonwerte. Außer mit der Nadel kann ebenso mit anderen Mitteln punktuell oder linear der Ätzgrund entfernt werden.

Aquatinta / Tonflächenätzung (auch geschabte Aquat.), Carborundum- und Marmorierungs-Verfahren, Heliogravüre/Fotoradierung/Ablöseverfahren

Seit ihrer Erfindung im Jahre 1768 durch Jean Baptiste Le Prince ist die Tonflächenätzung bis heute lebendig geblieben und weiterentwickelt worden. Um Flächen ätzen und drucken zu können, müssen in diesen erhabene Stellen stehen bleiben. Dies erreicht man durch Aufstäuben säurefesten Korns (z.B. Kolophonium oder Asphalt) und Anschmelzen. Dann werden die weißen Partien des Bildes abgedeckt und nach Trocknung geätzt. Anschließend wird der nächsthellere Tonwert abgedeckt und geätzt. Dies wiederholt man bis zuletzt noch die schwärzesten Stellen in die Tiefe tiefer geätzt werden. Damit ist eine Platte mit unterschiedlichen Tiefen entstanden, die um die stehengebliebene Körnung herum die Farbe aufnimmt und beim Auswischvorgang festhält. Die tieferen Bereiche nehmen mehr Farbe auf und werden somit dunkler. Korrekturen, wie in allen Radiertechniken, sind hier durch Schaben und Polieren ebenso wie Nacharbeiten mit Radiernadel, Rouletten etc. möglich. Beim Carborundum-Verfahren wird Elektrokorund mit Titan- oder Zinkweiß gemischt, mit Borstenpinsel oder Malspachtel auf die vorbereitete Metallplatte aufgetragen. Die freibleibenden Stellen müssen abgedeckt werden. Beim Ätzen im Säurebad (ohne Pinsel!) sinkt der Korund und „körnt“ dabei die druckenden Partien.

Die Fotoradierung (entwickelt 1879) arbeitet mit vollformatigem seitenverkehrtem Halbtonfilm, welcher auf Gelatinepapier kopiert wird, das auf die Platte umgehaftet wird. Dann wird entwickelt und gehärtet, mit Asphaltlack abgedeckt und stufenweise geätzt, was eine druckbare Platte ergibt. Ebenso kann auch bei einer Fotokopierlack-Platte direkt ein Positiv (für Halbtöne Aufrastern) aufbelichtet, ausgehärtet, entwickelt, gestäubt und geätzt werden.

Aussprengtechnik (Reservage)

Aus der im 18. Jh. industriell verbreiteten Zeugdruckerei entwickelt, wird bei ihr die Platte ebenso wie für die Aquatinta mit einem Staubkorn versehen. Nun kann mit einer gesättigten Zuckerlösung mit Wasserfarbenzusatz (auch Gummiarabicum mit Glycerin oder Tempera) auf ihr gezeichnet werden. Beim Trocknen kann diese Lösung perlen und sich unterschiedlichst zusammenziehen, wodurch sich malerische Wirkungen ergeben.

Weichgrund- / Durchdruckradierung (Vernis mou / Softground etching)

Auf die mit Weichgrund (klebrigem Asphalt) unter Wärme beschichtete Platte wird ein Bogen dünnes Papier gelegt und gezeichnet, dort haftet der Grund am Papier. Die so freigelegten Partien werden in die Tiefe geätzt und drucken. Eine solche Arbeit hat den Charakter einer Bleistiftzeichnung.

Pinselätzung (offene Ätzung)

Bei diesem Verfahren wird mit möglichst hochkonzentrierter Säure und einem Pinsel direkt auf der Platte „gezeichnet“. Dieser Vorgang sollte mehrmals erfolgen. So entstehen malerische Wirkungen mit Halbtönen. Da die entstehenden Dämpfe hoch gesundheitsschädlich sind, muß mit Gasmaske und Schutzhandschuhen gearbeitet werden!

Vorbereiten und Druck der Radierplatten

Um einen erfolgreichen Druckdurchlauf ohne eingeschnittenes Druckpapier bzw. -filz zu erwirken werden mit einer feinen Feile die Kanten und Ecken (leicht abrunden) zu einem ca. 45° schrägen Plattenrand facettiert/gefast (gearbeitet) und anschließend mit Dreikanthohlschaber, Schleifstein oder -papier bzw. Polierstahl geglättet, damit sie keine Farbe halten und übertragen können. Meist muß noch (bei Metallplatten) die Oberfläche mit Stahlwolle, Polierstahl und Poliermittel geglättet/poliert werden. Für Ätzradierungen wird die Platte nun entfettet und – außer bei Pinselätzung – muß immer die Rückseite vor Säureeinwirkung geschützt /abgedeckt werden!

Platten-Fase feilen Radieren mit Kalter Nadel in Kunststoff Anbrennen des Kolophonium-Staubes stufenweises partielles Abdecken mit Asphalt Abdecken der Plattenrückseite mit Asphaltlack Pinseln der Platte im Säurebad Ätzkontrolle mit dem Fadenzähler Glätten der Plattenkanten nach dem Ätzen

Nach der letzten Ätzung der Platte müssen der Asphaltlack und das aufgeschmolzene Korn von beiden Seiten z.B. mit Terpentin oder Nitroverdünnung entfernt werden. Nun wird die Platte mit Walze und/oder Tampon oder Wischgaze oder Bürsten oder Leder- bzw. Gummistreifen mit Kupferdruckfarbe eingefärbt. Metallplatten färbt und druckt man am besten warm, da die Farbe dann geschmeidiger ist. Ausgewischt (die nicht notwendige Farbe von der Oberfläche entfernen) werden die Platten kalt mit Wischgaze und anschließend mit der Hand. Der Plattenton läßt sich letztlich noch mit etwas Kreide entfernen. Nun wird die Platte auf den Drucktisch (-wagen oder -schlitten) gelegt, das gefeuchtete und gut gequollene Kupferdruckpapier auf ihr positioniert, die Druckfilze vorsichtig darübergelegt und unter hohem Druck vermittels der Oberwalze durch die Presse durchgezogen. Es wird vorsichtig abgezogen und in feuchtigkeitsaufnehmenden Pappen ca. 3-4 Tage getrocknet.

Einfärb-ArbeitsplatzEinfärben der Radierungsplatte mittels Farbtamponfarbgetrenntes Auswischen der AquatintaPlatte und Druckpapier positionierenDrucken der Radierung auf großer KupferdruckpresseBlatt-Abnahme mittels FröschenDreifarb-Druck neben Platte auf dem DrucktischDrucke im Pappentrockner

Signieren von Druckgraphik

Nach Lothar Lang, Kunsthistoriker, in „Der Graphiksammler“:

Links unter die Graphik werden Abdrucke vor der Auflage mit römischen Zahlen, evtl. auch als Probedruck = E.E., oder als Belegdruck für den Künstler (Anzahl = maximal 10% der Auflagenhöhe) = e.a./E.A. = Épreuves d´artiste = A.P., oder außerhalb des Verkaufs = h.c. = hors commerce, und/oder die Auflage mit arabischen Ziffern, wenn die Druckreihenfolge bekannt ist, als Bruchzahl, im Zähler die laufende Nummer und im Nenner die Auflagenhöhe ausgezeichnet. (Ansonsten immer 1-Auflagenhöhe.)

Rechts erfolgt die Unterschrift und das Entstehungsdatum, in der Mitte ein eventueller Titel und/oder Zyklus. Es wird hier manchmal auch die Technik vermerkt.