Über uns
Betreibende
Mila Albrecht und Alberto Gobber sind seit 2022 Betreibende des Druckgraphik Ateliers. Sie sind beide seit über 15 Jahren in der Gestaltung im Print- sowie Online-Bereich tätig. Sie treten als Gestalter*in unter DGA • Design for Changemakers auf und arbeiten in den Bereichen Branding, Editorial, Illustration und Infografiken, sowie UI und UX. Seit November 2022 unterrichten sie an der SRH Berlin University of Applied Sciences den Kurs »Graphic Design I«. Noch mehr Information findet ihr unter mila-albrecht.com und gobber.co.
Geschichte des Druckgraphik-Ateliers
Das Druckgraphik-Atelier
Ein Ort zum Arbeiten, Kunst genießen, Wohlfühlen…
Es war im Sommer 1989 als eine Kollegin mich ansprach, beim gemeinsamen Stöbern auf einer Sperrmüllkippe während eines Mal- und Zeichen-Pleinairs, ob ich mit ihr zusammen Kurse für Kinder in Malen/Zeichnen/Drucken sowie vielleicht Vhs-Druckkurse durchführen würde. Die anderen malten irgendwo in der Landschaft, wir beide hatten an diesem Tag uns denselben Standort nahe der Deponie erwählt, weil er gute Motive bot und wir uns bestens miteinander unterhalten konnten. Kennengelernt hatten wir uns bereits im Frühjahr bei der von der durch die Berliner Bezirkskunstakademie geförderten Ausbildung in Radiertechniken bei Marion und Wolfgang Kalauka in Karlshorst. Eine individuelle kreative (Mal)-Pause machend, entdeckten und erfreuten wir uns an den „antiken“ Gegenständen, welche andere nicht mehr benötigten: Omas Durchschlägen, Küchen-Büchsen, Borden, Bugholzstühlen… Die Liebe zu Dingen, die eine Geschichte atmen und eigentlich noch brauchbar sind – nur im Modernisierungswahn weggeworfen wurden – die bewahrenswert sind. Sie erzählte von Räumen des Bezirksamtes, in denen sie Kinder-Zirkel – das damalige Wort für Freizeitangebote – gibt und wo sie alte Lithographie-Druckmaschinen zu stehen hätte. „Du bist doch Drucker. Können wir diese nicht gemeinsam in Gebrauch nehmen?“ Ich erklärte, dass ich als Schriftsetzer arbeite und nur dabei und während der Ausbildung die Bedienung einfacher Druckmaschinen erlernte. Und im Frühsommer hatte ich mir eine große alte Holzwalzen-Wäschemangel vom Trödler gekauft, um im Flur meiner Wohnung Radierungen und Linolschnitte zu drucken. Diese war in der Oberwalze bereits gerissen und so waren nur kleine Formate möglich. Im folgenden Herbst machte ich einige Kinder-Termine im Souterrain der Krausnickstraße in Mitte mit und wir besprachen die Umgestaltung der Gesellschaft und des Druck-Kellers. Ich bekam einen Honorarvertrag vom Bezirksamt. Wir kauften eine kleine metallene Radierpresse, stellten einiges im Raum um und experimentierten mit Freude auf den Lithopressen. Währenddessen experimentierte die DDR in Demokratie, um sich letztendlich selbst aufzugeben und der Bundesrepublik anzuschließen.
Schriftsetzer wurden bei der Zeitung, wo ich verkürzt – heute sagt man Teilzeit – jede zweite Woche Sonntag bis Freitag 15.30-1.40 Uhr arbeitete, nicht mehr gebraucht. Teilzeitarbeit war in der DDR eigentlich nur für Frauen mit Kindern möglich. Diesen Status hatte ich errungen, weil ich Zeit für die Malerei benötigte. Nun erkämpfte ich mir einen Arbeitsplatz als Offsetdrucker im Dreischichtsystem (Vollzeit) sowie die begleitende Ausbildung zum Drucker. Die Berufsschule befand sich unweit der Krausnickstraße. In der großen Pause sowie nach dem Unterricht ging ich, wenn ich nicht zum Dienst in die Druckerei musste, in den Druck-Keller und probierte das theoretisch erlernte gleich an den Lithographiesteinen aus oder machte Radierungen. Auch erlernte ich einiges in den gegenüberliegenden Druckwerkstätten der Hochschule Weißensee. Zuerst gemeinsam, später – weil sich bei meiner Kollegin die Arbeitsbelastung im „Hauptjob“ vermehrte – ich alleine, führten wir Vhs-Druckkurse durch. Dann gab es kein Honorar mehr für das Kinderfreizeitangebot.
Ich schloß die Drucker-Ausbildung ab und meine Arbeit in der Druckerei endete. Ich kaufte eine große schwere Radierpresse für den Druck-Keller. Das Bezirksamt Mitte musste wieder Gelder einsparen und stellte fest, dass in den Räumen der Krausnickstraße 1 außer für die Vhs keine öffentliche Nutzung stattfand. Die Jugendkunstschule Mitte wurde begründet, der Druck-Keller war ihr erstes Domizil – vom Bezirksamt weiter gemietet. Es fanden wieder Kinderfreizeit-, Hort- sowie schulunterrichtsbegleitende Angebote statt. Die Keramik, Tanz- und Mal-Kurse der Jugendkunstschule bekamen nach und nach andere Räume, dafür stellten wir noch Siebdruck-Technik in die Räume. Ich erwarb währenddessen Blei-Handsatz-Equipment sowie die dafür notwendige Abziehpresse, zwei Spindelpressen und eine große wie auch eine kleine Schlagschere, studierte an der UdK u.a. Kunst, Kunstpädagogik und -therapie. Die Kinder sagten „heut gehen wir zum Kellerdruck“ und so bekam die Herausgabe der gedruckten Bücher sowie Mappen den Namen Edition keller-druck. Die angrenzende Oranienburger Straße war wieder zu dem geworden, was sie früher war: Strich- und Touristenmeile. Ganze Busladungen schwankten abends auf der Suche nach Flüssigem oder aus Interesse was wohl mit diesen alten Maschinen, die man durch die Fenster hinab sehen konnte, gemacht würde, die steile Treppe hinab und schauten mir zu. Beschränkt durch die Keller-Raumhöhe von ca. 2,10 m – wo kaum etwas anhängt werden konnte – zeigte und erklärte ich die Techniken mit Arbeiten aus den Schubladen.
Meine Arbeitsstelle als Werkstattleiter Druck für die Jugendkunstschule wurde Ende 1998 nicht weiter verlängert. Die Kinder – einige davon vier Jahre lang wöchentlich durch mich angeleitet in ihren mal- und druckkünstlerischen Tätigkeiten – waren traurig. Auch die Räume sollten aus finanziellen Gründen aufgegeben werden – der Mietpreis wurde an die dort übliche Kneipen-Miete angepasst. Kurz vorher bekam ich meinen ersten Honorar-Vertrag für eine befristete Dozentur für die Medien-Berufsausbildung an einer privaten Akademie. Mit der Option der mehrmals jährlichen Wiederholung. Das war der Anlaß eigenfinanzierte Gewerbe-Atelierräume zu suchen und letztendlich im Vorderhaus der Immanuelkirchstraße 33 anzumieten. Die Räume bedurften einer mehr als einmonatigen Ausbauphase durch mich inklusive der Installation eines Hängesystems für die Präsentation von Arbeiten. Mit tatkräftiger Hilfe von Freunden und Kollegen fand der Umzug statt. Noch heute bekommen einige gefühlte Rückenschmerzen wenn wir uns gemeinsam an den Transport der Bleimengen, der Schränke, des Papiers und der Maschinen erinnern. Im Mai 1999 wurde mit der ersten Ausstellung das Druckgraphik-Atelier fröhlich eröffnet. Seitdem finden wieder freie sowie über die Vhs bzw. andere Einrichtungen geförderte Druck- und Zeichen-/Malkurse und Workshops für Kinder, Hortgruppen, Schulklassen, Jugendliche und Erwachsene statt. Über Jugend im Museum e.V. als Träger holte ich anfangs sogar „meine“ Kinder aus Mitte zur Kreativarbeit in den Prenzlauer Berg. Seit 2002 findet im Frühjahr sowie im Herbst auch ein Pleinair auf dem Darß statt. Monatlich wechselnde Ausstellungen von Druckgraphik mit Arbeitsvorführungen, Lichtbildervorträgen und neuerdings auch Lesungen bringen seitdem den Anwohnern, Touristen und Kunstinteressierten unterschiedliche Positionen, Techniken und ganz individuelle Arbeitsweisen von Künstlern aus bisher halb Europa (Einfügung vom Februar 2017: ganz Europa, Afrika, Asien, Australien, Nord-, Mittel- und Südamerika) näher.
Durch den Eigentümerwechsel mit beginnender Sanierung und Modernisierung wechselte das Druckgraphik-Atelier im August 2005 als Nachmieter der verstorbenen Hochschulprofessorin Christine Perthen in seine jetzigen großzügigeren Räume in der Dietrich-Bonhoeffer-Straße 3. Die Angebote für kreatives Arbeiten blieben gleich.
Die allseits gelobten vielfältigen technischen Arbeitsmöglichkeiten, gute Organisation sowie die Anregungen u.a. durch die interessanten Präsentationen von Druckgraphik lassen KollegInnen und Kunstinteressierte aus der ganzen Welt den Weg in die ruhige Wohnstraße parallel zur Danziger Straße finden. Die Fensterfront und die sich einladend öffnende große Tür im Vorderhaus lockt auch Passanten herein, welche hier eine ihnen bisher unbekannte sinnliche Welt mit Gerüchen und Haptik von altem bewahrenswertem Druckhandwerk sowie zeitgenössischer Kunst entdecken. Optischer Anziehungspunkt ist die hervorragend druckende Lithographie-Reiberpresse von 1896 und die dazugehörenden Kalkschiefersteine, der Blei-Handsatz mit seinen wunderschönen Schränken, der Boston-Tiegel für den Buchdruck, die Hochdruck-Abziehpresse für auch Holz- und Linolschnitte wie Materialdrucke sowie die große Kupferdruckpresse mit Sternrad (seit Januar 2013 noch eine weitere, kleine) für alle möglichen Radiertechniken. Und wenn nur mal grad eben ein Schuh kaputt ging – im Druckgraphik-Atelier wird er notdürftig geflickt sowie mit einem interessanten Gespräch über die Kunst, das Leben und die Welt wird auch die Wartezeit beim gegenüberliegenden Arzt angenehm gestaltet.
Wer einmal im Druckgraphik-Atelier war – aus welchem Grund auch immer – hat sich wohlgefühlt und kommt wieder!
Eberhard Hartwig, am 14.05.2009
Maler/Graphiker/Dozent und Atelierleiter
P.S. Am 31. Dezember 2021 geht Eberhard Hartwig in Rente, kümmert sich nur noch um seine eigene Kunst, und übergibt das Druckgraphik-Atelier an Mila Albrecht und Alberto Gobber zur Weiterführung des aktuellen Workshop-, Lehr- und freien Arbeits-Angebotes sowie zum langfristigen Ausbau der Angebote.